Wir essen fast dreimal so viel Fleisch wie wir vertragen
Erstellt von r.ehlers am Mittwoch 7. September 2016
Bild: www.chefkoch.de
Senfhaxe vom Grill
Vor ein paar Tagen erst habe ich im Beitrag http://www.essenspausen.com/deutsche-gesellschaft-fuer-ernaehrung-dge-mit-neuem-wind/ darauf hingewiesen, dass wir in unserer Gesellschaft viel zu viel Fleisch essen.
Gestern berichtet Professor Dr. Harald Lesch in „Leschs Kosmos“ im ZDF (http://www.zdf.de/leschs-kosmos/ist-fleisch-essen-noch-ohne-reue-moeglich-ein-blick-in-die-forschung-mit-harald-lesch-45057796.html) , dass
- wir Deutschen jährlich 88 kg Fleisch essen
- und die US-Amerikaner gar 120 kg im Jahr.
Das sind pro Woche 1,7 kg bei uns und bei den Amerikanern gar 2,3 kg in der Woche.
Beziehen Sie einmal unseren Durchschnittskonsum einmal auf die früher üblichen Mengen an Fleisch, als es für die große Masse des Volkes, wenn es hoch kam, nur einmal in der Woche Fleisch gab – den Sonntagsbraten: Bei unserer Esswut müsste dann eine prächtige Weihnachtsgans, die früher bequem für eine vielköpfige große Familie reichte, von jedem einzelnen Esser am Tisch allein vertilgt werden!
Erinnern Sie sich? Die DGE empfiehlt in der Woche eine Menge von 300 – 600 Gramm an Fleisch einschließlich Wurst. Auf einzelne Tage verteilt kann man sich da schon vier mittelgroße Wiener Schnitzel in der Woche erlauben (Fisch extra). Das ist doch schon recht großzügig. Aber wie irre ist denn das, fast das Dreifache der Obergrenze nach Auffassung der DGE zu essen?!
Wer sich der Gefahren des übermäßigen Flesichgenusses noch nicht voll bewusst ist, sollte auf die Warnungen von Harald Lesch hören.
O-Ton „Leschs Kosmos„:
„Doping-Opfer
2011 standen sich im Finale der U17-Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko der Gastgeber und Uruguay gegenüber, als ein Ereignis die sportliche Begeisterung überschattete: Ein Dopingtest hatte bei Spielern beider Mannschaften ein illegales Mittel aufgespürt: Clenbuterol. Das Arzneimittel, das ursprünglich gegen Asthma wirkt, beschleunigt die Fettverbrennung im Körper und den Eiweißaufbau in den Muskelzellen. Als Dopingmittel ist Clenbuterol beliebt, da es weniger Nebenwirkungen als andere Dopingsubstanzen hat. Ursprünglich stammt das Mittel aus der Kälbermast. Obwohl es dafür weltweit seit vielen Jahren offiziell verboten ist, findet es in Mexiko häufig den Weg ins Kälberfutter. Bei der U17-WM wurden über hundert Spieler des Dopings überführt – unwahrscheinlich, dass alle betrogen hatten. Die Quelle des Übels war schnell ausgemacht: Alle positiv getesteten Spieler hatten im gleichen Restaurant Kalbfleisch gegessen. Dessen Clenbuterol-Gehalt hatte für die positiven Testergebnisse gesorgt.
Wachstumsförderer im Tierfutter – ein unterschätztes Risiko?
Clenbuterol ist in den USA verboten, andere bei uns illegale Wachstumsförderer aber nicht. Die Begründung lautet: Sie landeten nur in geringen Mengen im Fleisch. Doch die Wirkung geringer Mengen wurde schon häufig unterschätzt. Bei einer Langzeitstudie in den 1950er- bis 1970er-Jahren untersuchten Forscher Frauen, die während einer Schwangerschaft täglich Fleisch gegessen hatten. Dann beobachteten sie über Jahre deren Söhne. Es zeigte sich, dass die Söhne der Fleischliebhaberinnen doppelt so häufig den Arzt wegen Fruchtbarkeitsproblemen aufgesucht hatten wie die Männer der Kontrollgruppe, die Qualität ihrer Spermien war vergleichsweise schlecht. Unter Verdacht geriet das Arzneimittel DES, das bis Ende der 1970er-Jahre in der Rinderzucht zur Wachstumsförderung eingesetzt wurde, bis man – viel zu spät – seine embryoschädigende Wirkung erkannte.
In den USA sind sechs Wachstumshormone erlaubt: die drei natürlichen Hormone Testosteron, Progesteron und Östradiol sowie drei synthetische Hormone, dazu zahlreiche Antibiotika. Bisher gelangt aufgrund hoher Importzölle nur eine geringe Menge von Premiumfleisch aus den USA zu uns. Wenn das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa zum Abschluss kommt, könnte jedoch billiges Feedlot-Rindfleisch den Markt überschwemmen. Zwar will die EU-Kommission nur Fleisch ins Land lassen, das nach europäischen Richtlinien hergestellt wurde, und theoretisch ließe sich illegales Hormonfleisch im Labor nachweisen. Die Praxis der Lebensmittelüberwachung bei uns macht allerdings wenig Hoffnung auf lückenlose Kontrollen. Wer in Zukunft Fleisch ohne Reue genießen möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass Fleisch von artgerecht gehaltenen, gesunden Tieren eben seinen Preis hat.
Ist Fleisch ungesund?
Eine Nachricht sorgte kürzlich für Aufregung: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft verarbeitetes Fleisch als „krebserregend“ und rotes Fleisch als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Als rotes Fleisch gelten unter anderem Rind, Kalb, Schwein und Lamm.
Zu ihrer Einschätzung gelangte die WHO durch die Auswertung von rund 800 weltweit durchgeführten Studien, in denen die Teilnehmer über ihre Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, ihren Konsum von Gemüse, Obst und Fleisch Auskunft gaben. Das Ergebnis: Der Verzehr großer Mengen von rotem Fleisch erhöht offensichtlich das Risiko, an Krebs zu erkranken. Der genaue Ursache-Wirkungs-Zusammenhang ist jedoch noch unklar.Eigentlich besteht Fleisch vor allem aus unverdächtigen Proteinen, Fett und Wasser. Doch das ändert sich bei seiner Zubereitung, wenn zahlreiche chemische Prozesse ablaufen: Beim Erhitzen des Fleischs gehen Proteine und Zucker Verbindungen ein, die zur Bräunung führen und das Aroma erzeugen. Wissenschaftler entdecken bei Temperaturen über 130 Grad immer wieder neue Stoffe, die unkontrollierbar entstehen, darunter auch heterozyklische, aromatische Amine. Diese stehen im Verdacht, Mutationen zu fördern, die wiederum Krebs auslösen können.
Erhöhtes Darmkrebsrisiko
Besonders in der Kritik steht verarbeitetes Fleisch. Um etwa Schinken und Salami herzustellen, wird gepökelt und oft geräuchert. Dazu werden Kochsalz, Nitrat und Nitrit hinzugegeben, für den Geschmack und zum Abtöten von Bakterien. Unter Laborbedingungen beobachteten Wissenschaftler, dass Nitrit noch zusätzlich aus Nitrat entstehen kann. Aus dem Nitrit können sich krebserregende Stoffe entwickeln, wie Nitrosamine. Auch beim Räuchern können sich Nitrosamine bilden. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass der übermäßige Genuss von verarbeitetem Fleisch, also Wurst oder Schinken, das Risiko signifikant erhöht, an Magen- und Darmkrebs zu erkranken.
Hat auch der regelmäßige Verzehr von unverarbeitetem Fleisch negative Folgen für die Gesundheit? Bestimmte Inhaltsstoffe wie spezifische Eisenverbindungen, so wird vermutet, könnten Auswirkungen auf die Darmbakterien haben. Tatsächlich konnten Forscher nachweisen, dass sich unter dem Einfluss von Eisenverbindungen bestimmte Bakterienarten besonders stark vermehren, die den Schutz der Darmwand schädigen können. In der Folge entstehen Entzündungen, ein Risikofaktor für Darmkrebs. Trotzdem muss man nicht völlig auf Fleisch verzichten. Experten empfehlen aber, pro Woche nicht mehr als 600 Gramm Fleisch zu sich zu nehmen. Welche bislang unbekannten Stoffe beim Erhitzen und Verarbeiten noch entstehen, werden weitere Untersuchungen zeigen.“ [Zitat Ende]